Man lernt nie aus. Ich habe mich sehr über den sensationellen Erfolg des damals erst 22 jährigen Pius Heinz, der die World Series of Poker inklusive einem Preisgeld von 8,7 Millionen Dollar gewann, gefreut. Aber noch mehr freut es mich, wenn ich etwas dazu lernen kann. Es ist nicht der Gewinn, es ist seine Vorgehensweise, die mich beeindruckt. Das verstehe ich unter Akribie und Professionalität. Pius Heinz hat sich nicht nur durch Online-Poker einen großen gewinnbestätigten Erfahrungsschatz erarbeitet, alles über „Read“, „Tells“ und Poker Strategien verinnerlicht, sondern diesen Aspekt auch noch innovativ erweitert.

Profiling – Pius Heinz beschränkte sich nicht auf die gängigen, bekannten Analysemethoden, mit denen Prof-Pokerspieler die Profile ihrer jeweiligen Gegner erstellen, sondern suchte sich dazu die Unterstützung und Beratung bei einem Pofiler des FBI.

Bei jedem Casinobesuch habe ich mit allen psychologischen Finessen meine Gegenüber beachtet und bewertet, aber diesen Weg zu gehen, sich mit dem Gedankengut des Profiling zu beschäftigen, auf diese Idee bin ich nie gekommen. Bis jetzt! Das ist ein phantastischer Ansatz seine Gegenüber zusätzlich einordnen zu können, denn die Geschichte des Profiling begrenzt sich nicht nur auf die uns aus vielen Filmen bekannte Täteranalyse.

Die sogenannten Profiler erstellen keine, wie oft verbreitet, psychologischen Täterprofile, sondern ihre Aufgabe wird als operative Fallanalyse bezeichnet. Selbst beim FBI gibt es die Positionsbeschreibung für „Profiler“ oder das „Profiling“ kaum, man spricht dort eher von „criminal investigative analysis“. Bei der Fallanalyse erstellt der Fallanalytiker nicht ein Persönlichkeitsbild eines unbekannten Straftäters, da dies nur unzureichend möglich ist. Vielmehr schließt er auf Basis kriminalistischer Erkenntnisse, anhand von Indizien, Spuren am Tatort und den Umständen der Straftat auf das Verhalten des Täters und kann aus diesem Verhalten Muster erkennen, die auf statistischer Basis mit spezifischen sozio-ökonomischen Merkmalen in Verbindung gebracht werden können. Allerdings ist diese Vorgehensweise keine Erfindung der modernen Kriminalistik sondern  viel älter und wirklich außerordentlich effektiv.

Bereits im Altertum begann man Typologien zu entwickeln. Bestimmte Persönlichkeitsmerkmale sollten Verbrechen erklären und womöglich vorhersagen. Erste Ansätze finden sich im 5. Jahrhundert v. Chr. – bei dem Begründer der modernen Medizin Hippokrates. 1798 untersuchte dann der Philosoph Immanuel Kant die Einteilung der menschlichen Persönlichkeit in Phlegmatiker, Sanguiniker, Melancholiker und Choleriker und beschrieb dieses in seiner Abhandlung „Anthropologie, in pragmatischer Hinsicht“. Der italienische Mediziner und Anthropologe Cesare Lombroso entwickelte daraus als Anhänger des Darwinismus 1876 die Lehre vom deliquento nato – vom geborenen Verbrecher. Er behauptete, dass anhand seiner Gesichtszüge, sowie sozialer, seelischer und körperlicher Merkmale der „geborene Verbrecher“ zu erkennen sei. Lombrosos Theorien waren allerdings  bereits zu seinen Lebzeiten heftig umstritten. 1921 entstand die Kriminalbiologie und wurde gleich durch die Konstitutionsbiologie des deutschen Psychiaters Ernst Kretschmer bereichert. Einen Hang zu bestimmten Straftaten oder Vergehen, wie Homosexualität, die damals noch strafrechtlich verfolgt wurde, ordnete Kretschmer bestimmten Körperbautypen zu. Dabei unterschied er die Konstitutionstypen Pykniker, Leptosom, Athletiker und Dysplastiker. In der Praxis haben sich diese Erkenntnisse nicht bestätigt, was ihrer Verbreitung jedoch wenig Abbruch tat. In den frühen 1930er integrierte der Kriminalkommissar Ernst Gennat erstmals die Fallanalytik erfolgreich in seiner täglichen Polizeiarbeit. Daher ist die operative Fallanalyse keine amerikanische Erfindung, sondern Täterprofile wurden schon vorher von vielen Kriminalpolizeibehörden in aller Welt verwendet. Das englische Synonym Profiling prägte erstmals 1978 Robert Ressler, der Leiter der Abteilung Verhaltensforschung beim FBI, Innerhalb deutscher Ermittlungsbehörden wird der Begriff weitgehend vermieden.

Gleich wie man es nun nennt, die Ratschläge bez. Verhaltensmuster die Pius Heinz durch einen auf der FBI Akademie in Quantico ausgebildeten Profiler erhielt, haben ihm mit Sicherheit dabei geholfen, dieses begehrteste und prestigeträchtigste Turnier im Profi-Poker zu gewinnen. Casino Blog